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The only way is up?

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Preisanpassungsklauseln in Zeiten steigender Inflationsraten

Jun 23, 2023
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Einführung

Wir alle nehmen wahr, dass die Inflationsraten derzeit nur eine Richtung kennen… nach oben. Und mit steigenden Inflationsraten rücken auch Preisanpassungsklauseln immer mehr in den Fokus der Vertragsgestaltung. Sie sind ein wirksames Instrument um inflationsbedingten (und grundsätzlich auch deflationsbedingten) Verschiebungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen entgegenzuwirken. Im Gewerberaummietrecht wird eine Wertsicherung durch sog. Mietgleitklauseln erreicht, die unterschiedlich ausgestaltet werden können und einer Reihe an Zulässigkeitsgrenzen unterliegen, deren Nichtbeachtung die Unwirksamkeit der jeweiligen Klausel mit Wirkung für die Zukunft nach sich ziehen kann. Aus diesen Themen ergeben sich einige Punkte, auf die die Parteien ein besonderes Augenmerk legen sollten.

Gestaltungsmöglichkeiten einer Mietgleitklausel

Nach wie vor ist zwar auch die Staffelmiete eine gängige Form der Wertsicherung. Gerade bei längeren Laufzeiten können starre bzw. vertraglich festgelegte Erhöhungen die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Äquivalenzinteresses, d.h. des Interesses am Erhalt des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung, aber häufig nicht in ausreichendem Maße gewährleisten. Anders ist dies bei der Indexierung, bei der die Anpassung der Miete an bestimmte Parameter wie Indizes, z.B. den Verbraucherpreisindex, gekoppelt ist. Bei den Indexklauseln wird je nach Anpassungsmechanismus unterschieden zwischen sog. echten und unechten Mietgleitklauseln. Während sich die Miete bei den echten Mietgleitklauseln automatisch anpasst, sind bei sog. unechten Mietgleitklauseln zunächst weitere Handlungen der Vertragsparteien erforderlich (z.B. in Form einer vorherigen Überprüfung der Angemessenheit).

Verbotsausnahmen und Zulässigkeitsgrenzen

Unechte Mietgleitklauseln sind grundsätzlich zulässig bzw. unterliegen im Falle der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB „nur“ der Schranke des § 307 Abs. 1 BGB.

Dagegen müssen sich echte Mietgleitklauseln zusätzlich an den speziellen Voraussetzungen des Preisklauselgesetzes (PrKG) messen lassen. Im Gewerberaummietrecht sind von dem § 1 Abs. 1 PrKG zu entnehmendem grundsätzlichen Verbot echter Mietgleitklauseln die in den §§ 2, 3 und § 6 PrKG enthaltenen Ausnahmen praxisrelevant.

Damit der Ausnahmetatbestand des § 2 PrKG greift, muss es sich zunächst um einen langfristigen Vertrag handeln gemäß §§ 2 Abs. 1, 3 PrKG. Erforderlich ist neben dem Merkmal der „wiederkehrenden Zahlungen“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 PrKG, das bei einem (Gewerberaum-)mietvertrag ohne Weiteres vorliegt, eine Mindestlaufzeit. Relevant sind hierbei die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. e und lit. d PrKG enthaltenen Regelungen, die jeweils eine zehnjährige Bindung statuieren. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. e PrKG muss der Gläubiger (hier: Vermieter) für die Dauer von zehn Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet haben (Alt. 1) oder dem Schuldner (hier: Mieter) muss das Recht zustehen, die Vertragslaufzeit auf mindestens zehn Jahre zu verlängern (Alt. 2). Entscheidend für die Berechnung ist jeweils der Zeitpunkt des Mietbeginns. Dagegen knüpft § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. d PrKG für die Berechnung der für die Dauer von mindestens zehn Jahren zu erbringenden Zahlungen, zumindest seinem Wortlaut nach, an den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an (strittig, nach a.A. komme es auch hier auf den Mietbeginn an). Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Nichtwahrung der Schriftform. Denn gemäß § 550 S. 1 BGB gilt der Mietvertrag dann als auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann ordentlich gekündigt werden, was gleichzeitig zur Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel führt.           

Die Klausel muss gem. § 2 Abs. 1 S. 2 PrKG außerdem hinreichend bestimmt, d.h. klar und verständlich formuliert sein (Sicht eines objektiven Dritten). § 2 Abs. 2 PrKG enthält hierzu ein Beispiel mit Negativabgrenzung. Demnach ist eine Preisklausel nicht hinreichend bestimmt, wenn ein geschuldeter Betrag allgemein von der künftigen Preisentwicklung oder von einem anderen Maßstab abhängen soll, der nicht erkennen lässt, welche Preise oder Werte bestimmend sein sollen. Die konkreten Bezugsgrößen müssen also allgemein zugänglich und die Anpassungsvoraussetzungen sowie der Anpassungszeitpunkt hinreichend klar sein, sodass der Mieter den Umfang der Mietsteigerung ohne Weiteres berechnen kann. Es kann eine Parallele zu dem im AGB-Recht geltenden Transparenzgebot des § 307 BGB gezogen werden, das es dem AGB-Verwender auferlegt, seinem Vertragspartner die Rechte und Pflichten klar und durchschaubar darzustellen und nicht nur Rechtsklarheit, sondern auch Preisklarheit zu schaffen.

Weiterhin gilt gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 PrKG das Verbot der unangemessenen Benachteiligung. Beispiele für eine unangemessene Benachteiligung werden in § 2 Abs. 2 Nr.1-3 PrKG benannt. Demnach sind unzulässig insbesondere

  • einseitige Klauseln, die nur eine Mieterhöhung, nicht aber eine Ermäßigung der Miete zulassen oder faktisch ein Anderes nicht geht (Nr. 1),
  • solche Klauseln, bei denen nur eine Vertragspartei das Recht hat, eine Anpassung zu verlangen (Nr. 2), sowie
  • Klauseln, bei denen sich die geschuldete Miete gegenüber der Bezugsgröße unverhältnismäßig ändern kann (Nr. 3). Dies wird beispielsweise dann angenommen, wenn eine Indexpunktänderung um 5 Prozentpunkte zu einer Anpassung der Miete um 5 % führen soll, d.h. Prozentpunkte und Prozent gleichgesetzt werden.

Unabhängig von den unter den §§ 2, 3 PrKG normierten Voraussetzungen sind gemäß § 6 PrKG außerdem Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen zwischen gebietsansässigen Unternehmen (§ 14 BGB) mit Gebietsfremden zulässig. Als gebietsfremd gelten in diesem Zusammenhang alle Personen, die ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland haben – unabhängig davon ob auch sie als Unternehmer i.S.d. § 14 BGB einzuordnen sind.

Folgen bei Unzulässigkeit

Unterfällt eine Mietgleitklausel dem Verbot des § 1 Abs. 1 PrKG, ohne dass eine der in dem Gesetz normierten Ausnahmen greift, tritt die Unwirksamkeit gemäß § 8 PrKG erst zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes ein. Die Klausel bleibt bis dahin somit anwendbar, es sei denn, die Parteien haben einen anderen Zeitpunkt vereinbart.

Ob § 8 PrKG auch dann anwendbar ist, wenn es sich bei der unzulässigen Klausel außerdem um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ist zwar umstritten. Gute Gründe sprechen aber dafür, auch in diesem Falle § 8 PrKG anzuwenden. Denn die Regelung liefe ansonsten bei einer Vielzahl von Fällen ins Leere.

Wie man in der Praxis vorgehen sollte

Um nicht eine aus der ordentlichen Kündbarkeit des Vertrages folgende Unwirksamkeit der Mitgleitklausel herbeizuführen, sollten die Parteien – wie stets – auf die Wahrung der Schriftform gemäß §§ 578, 550, 126 BGB achten. Während vertragliche Sonderkündigungsrechte des Mieters die Indexierung und den relevanten Zeitraum nicht beeinträchtigen, ist trotz des Erfordernisses einer Mindestlaufzeit von zehn Jahren die Aufnahme eines Sonderkündigungsrechts des Vermieters möglich, soweit dieses an objektiv nachvollziehbare Kündigungsgründe gebunden wird.

Ein (nicht ganz offensichtlicher) Schriftformverstoß kann bereits aus der konkreten Formulierung der Klausel resultieren. So führt beispielsweise die Formulierung, dass die Mietänderung von der Aufforderung einer Partei abhängt, dazu, dass ein Dritter der Mietvertragsurkunde nicht entnehmen kann, ob und wann die Miete bereits angepasst wurde bzw. wann mit der nächsten Anpassung zu rechnen ist. Um nicht Gefahr zu laufen, in den Tatbestand des § 550 BGB zu rutschen, könnten die Parteien gehalten sein, einen schriftlichen Nachtrag abzuschließen. Auch kann die auf den ersten Blick mieterfreundliche Formulierung, dass die Mietanpassung von einer Anzeige des Vermieters abhängig ist, im Ergebnis zu einer Unwirksamkeit der Klausel führen. Denn sie schließt zumindest in praktischer Hinsicht eine deflationsbedingte Mietreduzierung aus. Zur Vermeidung derartiger Konstellationen sollten die Parteien somit auf praktikable und risikoarme Formulierungen achten, die andererseits bestimmt genug sind, um durchsetzbar zu sein.

Detailgenauigkeit bedarf es außerdem bei weitgehenden Wertsicherungsklauseln gegenüber „Gebietsfremden“, denn trotz der Zulässigkeit nach § 6 PrKG bleibt hier immer noch ein breites Feld für die Anwendung von AGB-Regeln, zu nennen ist insbesondere der Überraschungseffekt des § 305c Abs. 1 BGB.

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